Bayerisch-Oberösterreichische Landesausstellung 2012

Verbündet - Verfeindet - Verschwägert

Mattighofen in der guten alten Zeit von Manfred & Tamara Rachbauer

AltmattighofenDer größte Trost älterer Leute besteht meist in der Rückerinnerung an ihre Jugend. Ihrer Meinung nach war zu Großmütterchens und Großväterchens Zeit doch alles anders, viel besser und schöner als heute. Und Großmütterchen und Großväterchen? Die dachten von ihrer Zeit sicherlich genau dasselbe. Ja, in der guten alten Zeit ging alles seinen ruhigen Gang. Nach der Tages Müh und Plage trank man sein Bier und kam ein Fremder vorbei, so erfuhr man das Neueste vom Tage. Das gesellschaftliche Leben wickelte sich meist bei weißem oder braunem Biere ab. Das Gerichtsbuch von 1647 nennt in Mattighofen außer dem kurfürstlichen Brauhause zwei Brauereien und 14 verschiedene Bierhäuser. Da aber das Gerichtsbuch keine Gewähr für die tatsächliche Anzahl bieten kann, können wir die Zahl der damals bestehenden Bierhäuser ruhig höher ansetzen. Das über den Durst trinken war trotz strengster Strafen an der Tagesordnung und was dabei alles passierte, können wir in den Gerichtsbüchern der Herrschaft Mattighofen aus den Jahren 1636 bis 1650 nachlesen.

Gerichtsurteile aus der "Verhörstubm"

Da der Herrschaft Mattighofen nur die niedere Gerichtsbarkeit zustand, so können wir über keine Malefizfälle, das heißt todeswürdige Verbrechen, erzählen. Die Verhandlungen, über die wir berichten, zeichneten sich durch große Einfachheit aus. In der so genannten „Verhörstubm", in der damaligen Zeit häufig im Rathause gelegen, fanden sich Gerichtspfleger, Kläger und Geklagte ein. Der Kläger brachte sein Anliegen vor, worauf der Geklagte antwortete. Erfolgte gleich ein Geständnis, so erhielt der Angeklagte sofort seine Strafe. War das nicht der Fall, und das war es in den meisten Fällen, so kam es zu einer Replik (Klageschrift des Klägers) und Duplik (Gegenerklärung des Beklagten) und darauf erfolgte das Urteil. Diese Urteile waren oft sehr sonderbar und gäben heutzutage einiges zum Nachdenken auf.

Vornehme Personen pflegten für gewöhnlich nicht zur Verhandlung zu kommen, sondern ließen sich durch den Gerichtsprokurator vertreten. Sehr häufig gab es Ehrenbeleidigungsklagen und in diesen Fällen war man sehr empfindlich. Das zeigt sich in dem Falle des Gerichtsprokurators März gegen den Marktschreiber Steidl. Dieser Steidl erfreute sich einer bedenklichen Anschwellung seines Halses, die allgemein mit dem Worte „Satthals" tituliert wurde. Gerichtsprokurator März schickte nun eine ahnungslose Person in das Haus des Marktschreibers, die fragen sollte, ob bei ihm nicht ein „kropfiger Tauber" zu kaufen sei. Diese eher humorvolle Angelegenheit endete mit einer Verurteilung der beiden Streithähne.

Die gekränkte Ehre des Maurergesellen

Ein Stiftsgehilfe, der einen Maurergesellen einen Schelm nannte, wurde verklagt, da eine solche Ehrenverletzung bei diesem Handwerk nicht hinnehmbar sei. Da nun der Gehilfe vor Gericht erklärte, dass ihm dieses Wort unbedachterweise entschlüpfte, lautete das Urteil, „dem Kläger die Hand zu bieten und seine gegebene Antwort zu revidieren."

Mit äußerster Strenge wurden Schimpfereien mit Eitelnennung des Namen Gottes gestraft. In einem Falle kam der Missetäter einen Tag und eine Nacht ins Gefängnis und wurde sodann acht Stunden lang „mit angetragener Schellen" an die Lastersäule geschlagen.

Von der wörtlichen Beleidigung bis zur Tätlichkeit war es meistens nur ein kleiner Schritt und des Öfteren auch schnell gemacht. Gewöhnlich geschah dies im „begeisten" oder auch „beweinten" Zustande und in diesem befand man sich häufig, das zarte Geschlecht nicht ausgenommen. War die Sache mehr harmloser Natur, so ist man „zu reißen kommen", oder es kam zu einem „Gereifel". Andere hatten ein „gemeines Rauffet" oder ein „schlechtes gemeines Rauffet„ gehabt.

So haben zwei Streitlustige am Wochenmarkt mit Stecken zusammen geschlagen, aber sonderbarer Weise ist kein Schaden dabei entstanden. Später, so stand geschrieben, haben sich die beiden auch wieder vertragen. Trotzdem mussten sie zusammen einen Florint, acht Kreuzer und vier Heller Strafe zahlen.

Im Entwicklungsstadium des Raufens spielten die so genannten „Maulstreiche" und andere Handgreiflichkeiten eine große Rolle. Ein einzelner Maulstreich wurde vom Pfleger mit 17 Kreuzer und einem Heller Strafe belegt. Meistens blieb es aber nicht bei einem einzelnen Maulstreich, sondern es wurden lieber gleich etliche Streiche ausgeteilt. Einer wurde lachenden Mundes mit Streichen angegriffen und traktiert, dass er es auch nach Tagen noch spürte. Allerdings, so lesen wir, geschah ihm dies recht „da er eines Maulstreiches begehrte".

Von raufenden Wirtinnen

HalsgeigeKatharina Schmidt, Sara Starz und Martha Stöckl, allesamt Wirtinnen, waren sich spinnefeind und kamen bei einem Tanz untereinander so ins Raufen, dass sie in der Verhörstube zweieinhalb Stunden in der so genannten „Halsgeigen" absitzen mussten.

Ein Hufschmied hatte sich vor seinem Hause mit seinem Weibe „etwas entzweiet und ihr einen Maulstreich gegeben". Ein wackerer Bürger, der zusah, war über diese Behandlung erbost, war allein rettungshalber dazwischen gegangen und hatte den Schmied erbärmlich zugerichtet. Der Hufschmied bearbeitete daraufhin den Retter mit einem Rechenstiel bis er abbrach. Die Strafe war für jeden ein Florint, acht Kreuzer und vier Heller.

Auch die Sittlichkeit fand im Gerichtspfleger einen strengen Hüter. Leichtfertigkeiten wurden mit 14 Tagen in Eisen oder mit fünf Tagen in der Halsgeige und acht Tagen in den Schellen bestraft. Dazu kam eine Geldstrafe von sechs Florint, 51 Kreuzern und drei Hellern.

Zum Abschluss noch eine Mitteilung aus den Gerichtsbüchern über die prachtvolle Pestsäule im Friedhof zu Mattighofen. Diese wurde von dem Salzburger Bildhauer Johann Pernegger für den kurfürstlichen Hofbinder Franz Ager um 75 Florint angefertigt. Dieser zahlte 14 Florint und verstarb. Die Witwe verweigerte die weitere Zahlung und so müssen wir erfahren, dass für dieses Meisterwerk nicht mehr bezahlt worden ist.

All diese Geschichten, die hier zu lesen sind, stammen aus der guten alten Zeit.

 

Dieser Beitrag entstammt der Feder der beiden Heimatforscher Tamara und Manfred Rachbauer

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